Bisher hat alles prima geklappt mit der Beziehung in Tunesien - und nach der Heirat in Tunesien wartet die Frau jetzt in Deutschland darauf, daß Ihr Ehemann im Wege der Familienzusammenführung zu ihr nach Deutschland kommt.
Ist auch diese Hürde überwunden, dann kann es endlich losgehen, mit dem glücklichen Leben zu zweit - und eventuelle Probleme, die es vorher gab, sind nun vergessen und vergeben!
FALSCH !
Die Probleme beginnen jetzt erst!
Und zwar schon unmittelbar nach der Ankunft des Mannes in Deutschland.
Hier stellt sich nämlich plötzlich heraus, daß die Frau zwar einen Mann geheiratet, doch nun auf absehbare Zeit stattdessen ein Kind (zusätzlich) erhalten hat.
Zunächst braucht der Neuankömmling Kleidung, denn der durchschnittliche Tunesier aus bescheidenen Verhältnissen (und wie anderer Stelle dargestellt, sind es gerade diese, die die "Hilfe" von Europäern benötigen, um ein Visum zu erlangen) verfügt meist nur über Habseligkeiten und Kleidung, die in eine Sporttasche, maximal einen Koffer, passen.
Und diese Kleidung mag für Tunesien richtig sein, für Deutschland ist sie es aber es meistens nicht.
Danach geht es zu den Behörden - Anmeldungen im Meldeamt, beim Arbeitsamt, bei Versicherungen und dem Integrationskurs.
Zwar spricht der Gatte im Normalfall ein Basis-Deutsch, das er auch aus eigenem Interesse, und nicht nur, um den "Deutschtest der Stufe A1" zu bestehen, gelernt hat - doch das reicht noch lange nicht aus, um in Deutschland amtliche Formulare auszufüllen und Bestimmungen zu lesen (und dazu reicht auch der sogenannte "Integrationskurs" noch nicht!).
Hinzu kommt, daß auch sein Verständnis für die Prozeduren, die ein in Deutschland aufgewachsener Mensch kennt, nicht gegeben ist.
In Deutschland kann man nicht, zur Beschleunigung eines Vorganges, dem Sachbearbeiter einen Geldschein über den Tresen schieben. Und es ist nicht möglich, zu einem Gesprächstermin um 9 Uhr erst um 11 Uhr zu erscheinen.
Und er wird womöglich sogar auf streng blickende weibliche Sachbearbeiter treffen, die ihm sagen, was er tun muß.
Ein Tunesier, der in seinem Heimatland ein "Diplom" erworben hat, wird feststellen, daß dieses Diplom, das oft nur die Teilnahme an irgendeinem mehr oder weniger langen Kurs mit oder ohne persönliche Anwesenheit bescheinigt, in Deutschland nichts wert ist.
Auch seine "Berufsausbildung" (die steht deshalb in Gänsefüßen, weil es so etwas in Tunesien so gut wie gar nicht gibt) wird in Deutschland meist nicht anerkannt.
Als nächstes lernt er, daß bei den Jobs, für die er nach seiner Kenntnis und Befähigung in Frage kommt, meist Hilfsarbeiter-Tätigkeiten, niemand auf ihn gewartet hat, sondern er sich in einer langen Reihe hinter Deutschen, Türken, Russen und Menschen aus vielen anderen Nationen, sogar Migranten/Flüchtlinge, anstellen muß.
Hat er dann einen Job ergattert, so wird er mit Erstaunen feststellen, daß ihm am Monatsende anstelle der erwarteten 5.000 oder 10.000 Euro pro Monat nur 500 oder 1.000 ausgezahlt werden (das ist kein an den Haaren herangezogenes Beispiel, sondern leider sehr real).
Während der Arbeit wird ihm zu seiner großen Verblüffung auffallen, daß die Arbeiter alle pünktlich beginnen und Feierabend machen - und daß die Pause nicht deshalb verlängert werden kann, weil es gerade auf dem Markt ein Sonderangebot gibt oder der Andrang beim Friseur sehr groß war.
Seine geringen deutschen Sprachkenntnisse werden Konfliktsituationen mit Vorgesetzten und Kollegen schaffen, und ihm wird klar werden, daß die ihm aus Tunesien bekannte Methode, wenn etwas nicht paßt, es einfach passend zu machen, in Deutschland auf keine große Sympathie stößt.
Und vor allem wird er erkennen, daß er als "Ausländer" in Deutschland keinen Bonus genießt, sondern von bestimmten Menschen, im Gegenteil, herablassend behandelt werden wird.
Kurz gesagt - fast alles, was er sich vorgestellt hat und was er gelernt hat, ist in Deutschland bedeutungslos.
Und auch er selbst ist bedeutungslos, er ist ein Mensch wie jeder andere, genießt in Deutschland noch nicht einmal die Vorteile des Mann-Seins, und zusätzlich beherrscht er anfangs die Sprache nur unvollkommen, kennt die Gesten, Gebräuche und soziale Regeln nicht, und es ist ihm meist sofort anzusehen, daß er ein "Ausländer" ist.
SO aber hatte er sein Leben in Deutschland ganz und gar nicht geplant gehabt!
Als Ergebnis aller dieser Dinge wird er mit großer Wahrscheinlichkeit lustlos und gereizt werden, er wird seinen sozialen Status in Frage gestellt sehen und vor allem depressiv werden, weil er weder seine Ziele erreichen kann, noch sich darüber, wie gewohnt, mit Freunden und Familienangehörigen austauschen kann.
Womöglich wird er oft lustlos auf der Couch liegen oder in der Shisha-Bar sitzen, Fernsehen gucken, die Familie in Tunesien anrufen und es versuchen, sich einen Freundeskreis aufzubauen - idealerweise mit Tunesiern, die in der Gegend wohnen, oder zumindest mit Marokkanern, Algeriern, Ägyptern, oder Nahost-Flüchtlingen, weil sie eine gemeinsame Sprache sprechen und aus ähnlichen Verhältnissen (sozialer Background, Religion, Gesellschaft) stammen.
Dies trägt natürlich nicht gerade dazu bei, daß das Familienleben, wie erhofft, glücklich und harmonisch wird.
Doch es kommt noch schlimmer:
Wenn seine Frau arbeitet, dann besteht eine große Wahrscheinlichkeit, daß sie männliche Arbeitskollegen hat und von denen vielleicht auch auf dem Weg zur Arbeit mitgenommen wird.
Seine Frau mag Anrufe von männlichen Bekannten erhalten und ab und zu mit einer Freundin weggehen wollen.
Das alles aber ist in Tunesien absolut undenkbar.
Und da sich die Arbeits- und soziale Situation des Mannes in Deutschland nicht gerade gut anläßt, wird er es zumindest versuchen, im einzigen Bereich, in dem er noch die Chance hat, "kontrollierbare" Verhältnisse herzustellen, aktiv zu werden und seine Frau entsprechend zu beinflussen.
So etwa könnte das erste Jahr eines typischen tunesischen Ehemannes in Deutschland aussehen - da ist es kein Wunder, daß die Ehe auf erste Belastungsproben gestellt wird, da ist es kein Wunder daß sich die Frau oft als Mutter und der Mann als Kind fühlt, etwas, das beiden nicht behagt und beide unzufrieden macht.
Natürlich könnten alle diese Dinge im Vorfeld besprochen werden, bevor der Ehemann nach Deutschland kommt, sogar schon, bevor die Hochzeit stattfindet.
Doch erfahrungsgemäß findet dies entweder nicht statt, oder, und das ist die Regel, der Tunesier glaubt es einfach nicht, was ihm da erzählt wird, denn aus den Erzählungen seiner Freunde und dem, was das westliche Fernsehen zeigt, hat er einen ganz anderen Eindruck gewonnen gehabt...
Siehe auch:
Ratschläge für Beziehungen zu Tunesiern
Leben in Tunesien mit deutscher Ehefrau